9. Juni 2020
Die aktuelle Dividenden-Situation
Wegen den Auswirkungen des Corona-Virus haben zahlreiche Unternehmen ihre bereits angekündigten Dividendenauszahlungen für das Geschäftsjahr 2019 rückwirkend noch korrigiert.
Dies hat zu einer beispiellosen Welle von Dividendenkürzungen geführt.
Die aktuelle Situation ist unübersichtlich geworden, in den meisten Datenbanken sind die Dividenden-Angaben fehlerhaft.
Damit Sie mit der topdiv-Datenbank optimal informiert sind, habe ich in den letzten Tagen sämtliche Webseiten der enthaltenen Unternehmen besucht und dabei die HV-Protokolle, News-Meldungen etc. gelesen, die tatsächlichen Ausschüttungen eruiert und eingetragen.
Somit sind die angegebenen Zahlen nun aktuell und zeigen das vollständige Dividenden-Bild für das Geschäftsjahr 2019. Die meisten Unternehmen haben klar kommuniziert und die geänderten Ausschüttungen bereits beschlossen.
Einige Firmen, vor allem aus Deutschland, haben ihre Hauptversammlungen mehrere Monate verschoben und den Dividendenvorschlag noch offen gelassen. Sie wollen erst mal abwarten wie sich ihre wirtschaftliche Situation entwickelt.
Dann gibt es vereinzelt Firmen, vor allem schweizerische Banken, die zunächst die Hälfte auszahlen und erst im Spätherbst entscheiden, ob der Rest auch noch ausgeschüttet wird.
In manchen skandinavischen Unternehmen wurde die Dividende 2019 zunächst mal gestrichen. Einige haben sich aber eine Hintertür offengelassen. Sollte die Ertragssituation eine spätere Auszahlung zulassen, will man einen nachträglichen Dividendenbeschluss für 2019 fassen.
In Grossbritannien schütten die meisten Aktien halbjährlich aus. Normalerweise wird aufgrund des Semesterabschlusses eine Zwischendividende gezahlt und dann nach Ende des Geschäftsjahres noch eine Schlussdividende. Angesichts der Corona-Krise haben jetzt aber 41% aller britischen Unternehmen in unserer Datenbank ihre Schlussdividende pro 2019 komplett gestrichen.
Am wenigsten wurde bisher in den USA gekürzt. Von den 149 US-Titeln haben nur 17 ihre Gewinnbeteiligungen reduziert. Für amerikanische Verhältnisse ist das dennoch eine eher unüblich hohe Zahl.
Insgesamt haben von den rund 830 Aktien in der topdiv-Datenbank 29% ihre Dividenden 2019 gekürzt oder ganz gestrichen. Dies ist ein sehr hoher Wert. Zum Vergleich: 2018 und 2017waren es gerade mal 9% bzw. 8%!
A-Aktien haben sich gut gehalten!
Die qualitativ besten Dividendenzahler, also diejenigen Aktien mit einem A-Rating, haben sich erwartungsgemäss am besten gehalten. Von den 215 A-Aktien haben 12% ihre Dividenden 2019 nachträglich gesenkt. Im historischen Vergleich ist das ein hoher Wert (der langjährige Durchschnitt liegt bei ca. 5%). Verglichen mit der Kürzungsquote der tieferen Ratings ist das hingegen eine starke Leistung.
Doch ist es wahrscheinlich, dass für das laufende Geschäftsjahr 2020 weitere Kürzungen oder gar Streichungen folgen werden. Aufgrund der hohen Qualität kann man aber davon ausgehen, dass fast alle Firmen ihre Dividendenzahlungen spätestens mittelfristig wieder aufnehmen werden. Konsequenterweise habe ich die betroffenen Aktien auf B-Rating runtergestuft.
Im B-Aktien Segment haben 40% ihre Dividenden 2019 gekürzt oder ganz gestrichen. Dieser Wert liegt erheblich über dem langjährigen Durchschnitt und zeigt, wie pessimistisch die Unternehmensleitungen die nähere Zukunft einschätzen. Die meisten Unternehmen in diesem Rating-Bereich sind grundsätzlich gesund, aber halt in zyklischen Industrien tätig. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die meisten ihre Dividendenzahlungen wieder aufnehmen und ihren Aktionären langfristig per Saldo wachsende Ausschüttungen bieten werden.
Bei den qualitativ schwächeren C- und auch D-Aktien lag die Senkungsquote zusammengezählt ebenfalls bei rund 40%. Im Gegensatz zu den B-Werten machen viele dieser Unternehmen sehr schwierige Zeiten durch, einige werden in der aktuellen Form nicht überleben.
Rating |
Senkungsquote |
GJ 2019 |
|
A |
12% |
B |
40% |
C |
36% |
D |
43% |
Wie geht es weiter?
Wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr anschaut wird klar, dass sich die Anzahl Dividenden-Kürzungen und -Streichungen wahrscheinlich noch akzentuieren werden. Darauf deuten auch die Kommentare vieler Unternehmensleitungen hin. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld nicht verbessern, habe die Stärkung der Bilanz klare Priorität. Und das bedeutet meistens auch Dividendenkürzungen.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann man unmöglich abschätzen, welche Unternehmen davon genau betroffen sein werden. Aus diesem Grund sind die topdiv-Ratings zurzeit wenig aussagekräftig.
Ob dann 2021 die grosse Erholung kommt, ist ebenfalls nicht klar. Man darf sich von der aktuellen Börsenentwicklung nicht blenden lassen. Das ganze Ausmass der Corona-Krise ist ganz einfach noch nicht sichtbar.
Vielleicht erholt sich die Wirtschaft schneller als befürchtet, vielleicht aber auch nicht. Deshalb ist es vernünftig, wenn Sie sich auf weiterhin schwierige Zeiten einstellen. Die Erholung wird kommen, das ist keine Frage, aber wir wissen nicht wann.
Qualitätsunternehmen kommen aus jeder Krise gestärkt heraus, daran können Sie sich orientieren. Ob das nun bereits im laufenden Jahr geschieht oder erst in zwei Jahren, ist für langfristig orientierte Anleger im Grunde unerheblich.
Unter diesen Links finden Sie weiterführende Informationen: